Zwei Tage, bevor das Gesetz zur Homo-Ehe in Kraft tritt, herrschte am Montag bei den Berliner Standesämtern Verwirrung darüber, welche Voraussetzungen die Bindungswilligen erfüllen müssen. Der Grund ist eine falsche Information der Senatsverwaltung für Inneres. Die Behörde hat sich zwar inzwischen korrigiert, damit aber noch mehr Unsicherheit erzeugt. Einige Ämter teilen Schwulen und Lesben weiterhin mit, sie müssten vor dem Gang zum Standesamt zum Notar gehen. Das stimmt aber nicht.
Vergangene Woche hatte die Senatsverwaltung den Standesamtsleitern mitgeteilt, dass die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft nur dann geschlossen werden könne, wenn die Bindungswilligen vorher einen Notar aufgesucht haben und dem Standesbeamten eine Bescheinigung darüber vorlegen können. Beim Notar sollten Schwule und Lesben eine Erklärung über den Vermögensstand abgeben. Sie sollten außerdem bestimmen, ob sie eine Ausgleichsgemeinschaft oder einen Lebenspartnerschaftsvertrag wünschen. In einem solchen Vertrag kann zum Beispiel Gütertrennung festgelegt werden. Dagegen funktioniert die Ausgleichsgemeinschaft ähnlich wie die Zugewinngemeinschaft in der Ehe, bei der ein in der Ehe erwirtschafteter Überschuss bei einer Trennung geteilt werden muss.
Georg Falkenhagen aus Kreuzberg bekam die falsche Information Ende vergangener Woche von gleich zwei Standesbeamten - einmal in Kreuzberg und einmal in Neukölln. "Ich empfinde das als diskrimierend. Wenn Männer und Frauen heiraten, müssen sie auch nicht vorher zum Notar", sagt er. Zudem koste ein Besuch beim Notar Geld - und die Eheschließung mit seinem Freund könne sich verzögern.
Die Senatsverwaltung für Inneres hat ihren Fehler jetzt erkannt. Sprecherin Svenja Schröder-Lomb gestand am Montag ein, dass es ein Missverständnis gegeben habe. Tatsächlich muss nur derjenige zum Notar, der einen Lebenspartnerschaftsvertrag möchte. Wer stattdessen eine Ausgleichsgemeinschaft wählt, kann sich diesen Gang sparen. Eine Bescheinigung wird nicht benötigt. Die Standesämter seien jetzt richtig informiert.
In einigen Ämtern hat diese Korrektur aber für Verwirrung gesorgt. So sagte beispielsweise der Leiter des Standesamtes Friedrichshain-Kreuzberg gestern, eine Bescheinigung über den Notarbesuch sei zwar nicht mehr nötig, wie er am Morgen erfahren habe. Aber der Notarbesuch selbst sei in jedem Fall weiterhin Voraussetzung für den Abschluss der gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft. Davon geht auch die Leiterin des Standesamtes Treptow-Köpenick aus. "Entsprechend werden wir die Leute beraten", sagte sie. Im Standesamt Mitte hat man die Korrektur zwar richtig verstanden, sieht aber keine Möglichkeit, die vielen Anrufer, denen man in den vergangenen Tagen etwas Falsches gesagt hat, noch einmal zu erreichen.
Unter dem Motto "Wir poltern anders!" laden die Grünen am Dienstag, 20 Uhr, in den Tränenpalast, um am Abend vor In-Kraft-Treten des Lebenspartnerschaftsgesetzes zu feiern.
"Wenn wir vor dem Standesamt zum Notar müssten, wäre das diskriminierend. " G. Falkenhagen
31. Juli 2001
Berlin ist nicht Bayern - oder doch?
Susanne Lenz
Berliner Homosexuelle haben es gut. Jedenfalls im Vergleich zu bayerischen Homosexuellen. In Berlin können Schwule und Lesben den Bund fürs Leben auf dem Standesamt schließen. In Bayern dagegen müssen sie sich mit einem Notar begnügen - ganz nüchtern und unfeierlich. Viele Hauptstadt-Homosexuelle werden jedoch in den vergangenen Tagen gedacht haben, dass der Unterschied zwischen Bayern und Berlin so groß nicht ist. Denn die Standesämter sagten ihnen, dass vor der Zeremonie der Gang zum Notar unabdingbar ist. Das stimmt zwar nicht, aber die Standesbeamten wussten es nicht besser - die Senatsverwaltung für Inneres hatte sie falsch informiert.
Zwar hat die Verwaltung den Fehler vor dem 1. August bemerkt. Er wiegt trotzdem schwer. Viele schwule Paare hatten sich auf das Datum gefreut. Doch nach der Auskunft im Standesamt fragten sie sich, ob sie unter diesen Umständen wie geplant gleich an dem Tag würden heiraten können. Vor allem aber fühlten sie sich wieder einmal diskriminiert. Erneut sahen sie eine Hürde vor sich, die heterosexuelle Paare nicht überwinden müssen, wenn sie heiraten wollen.
Die Senatsverwaltung hat mit ihrem Fehler auch viel der Mühe zunichte gemacht, die sich die Standesämter gemacht haben. Sie wollen es den Paaren schön machen. Neukölln stellt seinen Trausaal zur Verfügung, in Mitte kann man auf dem Fernsehturm heiraten. Was Kleidung und Musik angeht, sind der Gestaltung der Zeremonie keine Grenzen gesetzt. Sie wollten Schwule und Lesben genau so behandeln wie andere Hochzeitspaare auch, sagen viele Standesbeamte. Damit entsprechen sie dem Gesetz zur Homo-Ehe, das die Diskrimierung von Schwulen und Lesben ausdrücklich beenden will. Die einzigen, die dieses Gesetz offenbar nicht aufmerksam gelesen haben, sind Mitarbeiter der Innenbehörde.
gay-web.de
19.06.2002
Hauptstadt-Posse
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Nachdem das Bezirksamt in Kreuzberg einfach nicht mit der Schließung der Lebenspartnerschaft von Georg Falkenhagen und Jörg Röfer klarkommt, hat die Innenverwaltung Berlins empfohlen, die Partnerschaftsschließung zu annullieren. Vorgeschichte: Beide erhielten einfach einen Wisch ausgestellt, in dem festgestellt wurde, dass sie "vor dem zuständigen Standesbeamten übereinstimmend erklärt hätten, eine Lebenspartnerschaft begründen zu wollen". Dieser Text genügte ihnen und auch dem Arbeitsamt nicht. Das "Brautpaar" hatte eigentlich eine Urkunde erhofft, in der es - wie in allen anderen Bundesländern (selbst im notariellen Bayern) - eindeutig heißt, dass sie eine Lebenspartnerschaft begründet HABEN und das Arbeitsamt sah in dem Papier auch nur eine Art von Aufgebot, was der Wortlaut ("begründen zu wollen") ja wohl nahe legt. Doch der Standesbeamte sah sich nicht imstande, eine korrekte Urkunde auszustellen, da der überreichte Wisch nach der Vorgabe der Senatsinnenverwaltung erstellt worden sie und dem "Willen des Gesetzgebers" entspreche. Dagegen legte das "Brautpaar" Widerspruch ein, was von den Berliner Behörden mit einer 7-monatigen Wartezeit quittiert wurde. Und das Ergebnis des Behördenschlafes: Der Widerspruch wird zunächst zurückgewiesen. Nach Aktenlage hätten beide sich nicht genügend über deren Vermögensstand erklärt, weswegen womöglich die "Unwirksamkeit der Partnerschaft" die Folge sein könne. Aber, da ja der Standesbeamte eine Erklärung zu den Akten gegeben habe, dass es sich dabei nur um einen "Eingabefehler" handele und die beiden Partnerwilligen als Urkundsbeamten mündlich - wie im Gesetz vorgesehen - erklärt hätten, den Vermögensstand der Ausgleichsgemeinschaft gewählt zu haben, erachte man die Unwirksamkeit der Lebenspartnerschaft "allein aus diesem Grunde" als eine "übermäßige Sanktion" und sehe die Partnerschaft als "wirksam begründet" an. Gleichwohl könne dem Widerspruch nicht Statt gegeben werden, weil der Standesbeamte die Vordrucke der Senatsverwaltung für Inneres habe benutzen müssen. Die Rechtsmittelbelehrung empfahl die Klage beim Verwaltungsgericht. Und auf telefonische Nachfrage erhellte sich der Hintergrund: Die Senatsverwaltung hatte doch allen Ernstes dem Bezirksamt empfohlen,die "Ehe" kurzerhand zu annullieren! Da wiehert doch eine ganze Amtsschimmelherde. Wowi, mach den Laden dicht!
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